16 Januar 2007

Mein Computer und ich

Als Informatiker hat man eine besondere Beziehung zu seinem Computer. Was für einen Koch seine Messer sind, das ist der Computer für einen Informatiker.

In diesem, meinem, Rechner, vor dem ich nun sitze, steckt viel, viel Arbeit. Angefangen bei der sorgfältigen Auswahl der Komponenten, über die Geräuschdämmung bis hin zur Installation des Betriebssystems. Anstelle des High-End Prozessors habe ich das Geld lieber in eine Grafikkarte mit zwei DVI-Ausgängen, leise Festplatten und leise Gehäuselüfter investiert. Neben mir am Schreibtisch stand also ein PC, der eine ordentliche Rechenleistung flüsterleise bereitstellte und zudem noch auf Wunsch Musik, Videos oder Fernsehbilder per Fernbedienung abspielte. Alles in Allem war ich sehr zufrieden, nur der zweite Monitor fehlte noch.

Bei dem gestrigen Versuch, meine USB-Festplatte an den Rechner anzuschließen war es mit der IT-Idylle dann vorbei: Ich muss wohl mit dem USB-Stecker an beide USB-Buchsen gleichzeitig gekommen sein und damit einen Kurzschluss produziert haben. Auf jeden Fall wurde der Bildschirm schwarz, das CD-Rom drehte hoch und ich trat auf den Ausschalter der Mehrfachsteckdose. Nach einem kurzen Durchatmen schaltete ich die Steckdose wieder ein und drückte auf "AN"... Nichts passierte.

Ich bin nicht viel weiter belastbar in diesen Tagen. Die Aufgaben, die vor mir liegen reichen völlig aus. Ich verwalte mehrere Mietshäuser, führe den Rest eines Architekturbüros, muss ein Auto und ein Haus verkaufen und unzählig viele Abmeldungen, Anträge und Formulare ausfüllen. Ich will endlich meine Studienarbeit abgeben, bin selbstständiger IT-Dienstleister, habe einen Hiwi-Job an meiner Universität und muss mich in nächster Zeit um meine Diplomarbeit bewerben. Ein kaputter Rechner ist das letzte, was ich gebrauchen kann, zumal er für mich einen hohen emotionalen Stellenwert einnimmt und mein Arbeitsgerät ist. Nicht jeder schraubt um 01:00 Uhr noch seinen Rechner auf.

Diagnose:
Der Einschaltimpuls entsteht durch Verbindung zweier Kontakte auf dem Motherboard. Das Board gibt diesen dann an das Netzteil weiter. Selbst ein leeres Motherboard ohne weitere Komponenten kann ein Netzteil einschalten. Daher beschränkt sich der Schaden hoffentlich auf Einschaltknopf, Motherboard oder Netzteil. Prozessor, Speicherriegel oder Grafikkarte können bei einem Kurzschluss jedoch auch leicht kaputt gehen und das wird dann teuer.
  1. Einschaltknopf: Manuelles Kurzschließen der beiden Pins auf dem Board hilft auch nicht, also kann es der Einschaltknopf nicht alleine sein. Es war auch eher unwahrscheinlich, dass der Knopf irgendwie nicht funktionieren könnte.
  2. Motherboard: Sollte dieses kaputt sein, dann könnte es auch ein anderes Netzteil nicht einschalten. Also das alte Netzteil hervorgeholt, an das Board angeschlossen und die beiden Pins mit dem Schraubenzieher kurzgeschlossen. Gott sei Dank sprang es an. Das Board war also in Ordnung.
  3. Gegenprobe Netzteil: Altes Motherboard hervorgeholt, das kaputte Netzteil angeklemmt und versucht einzuschalten. Nichts passierte. q.e.d.
Ein Netzteil baue ich auch mit einer auf den Rücken gebundenen Hand um. Es blieb nur die bange Frage, ob es noch andere Komponenten erwischt haben könnte. Ich hatte Glück im Unglück. Der Schaden beschränkte sich auf das Netzteil. Nun lärmt wieder das alte Enermaxx Netzteil im Rechner und ich muss wohl einen Ausflug zu Silentmaxx starten. Dort muss ich mich allerdings immer sehr zusammenreißen nicht gleich den ganzen Laden zu kaufen. Wie schon erwähnt habe ich ein Faible für leise PCs (allerdings ziehe ich Leise Lüfter den ungelüfteten Modellen vor).

Nun kann ich also wieder mit meinem Rechner bloggen. Im Rückblick haben sich alle Komponenten gegen mich verschworen, die nicht von namhaften Herstellern kamen. Die Frontblende kam von Revoltec, das Netzteil von deren Tochterfirma BeQuiet. Nun werde ich wohl wieder auf höherwertige Komponenten setzen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass es keine Probleme mit der Hinterbliebenenversorgung gibt.


Ich weiß auch nicht, warum mir diese Geschichte so zu Herzen gegangen ist. Meine erste Reaktion war "auch das noch". Ich frage mich, was ich im Leben falsch gemacht habe, dass ich all das verdient habe. Im Vergleich ist mein Rechner nur eine Sache, ein Ding, Kram, Krempel, Plunder, Müll. Müll, den man halt repariert. Wenn mein Computer kaputt ist, dann tausche ich ein Teil aus und er läuft wieder. Selbst, wenn ich Hepatitis C mit dem schlechtesten Genotyp habe, nehme ich ein paar Pillen, gebe mir Spritzen und werde mit 50%iger Wahrscheinlichkeit wieder gesund.

Genau hier hören meine Möglichkeiten auf.

Ich will fluchen, schreien, Dinge durch die Gegend werfen, aber es ändert ja doch nichts. Und nun sitze ich hier mit meinem Kummer und tippe und tippe und tippe.

07 Januar 2007

2:0 für die Pharma-Industrie

Nachdem ich ja schon geschrieben hatte, dass sich meine Leukozytenzahl erwartungsgemäß reduziert hatte, setzte sich dieser Trend weiter fort. Diese Woche waren es nur 2200 Leukozyten bei 26% segmentkernigen. Das sind 572 segmentkernige Leukozyten. Bei einer Abbruchgrenze von 500 Stück ist das schon wieder hart am Limit.

Der Empfehlung der nahe gelegenen Uniklinik folgend, setzte ich diese Woche die Spritze aus und gebe sie mir erst nächste Woche. Effektiv verringert sich damit meine Dosis auf ein Viertel. Trotzdem bin ich guter Dinge, da die Therapie immer noch anschlägt.

Lasse ich Schulmedizin und Alternativmedizin gegeneinander antreten, so sieht die Sache wie folgt aus:

Für die Schulmedizin treten an:
  1. Ribavirin und Interferon machen ihre Sache bisher gut. Es gibt zwar einige Nebenwirkungen, aber irgendwas ist ja immer.
  2. Die gegen die Nebenwirkungen eingesetzten Medikamente Spasyt (gegen Harndrang) und Benuron (Paracetamol gegen die Grippesymptome) habe ihre Aufgaben bisher auch erfüllt.
Für die Alternativmedizin treten an:
  1. Esberitox zur Anregung des Immunsystems, bisher ohne Wirkung
  2. Alfalfa zur Anregung des Immunsystems, bisher ohne Wirkung
Momentan gewinnt also die Schulmedizin mit 2:0.
Fairerweise muss man aber dazu sagen, dass die Pharma-Industrie bisher € 10.000 von der Krankenkasse verlangt hat und die Alternativen Präparate bisher mit ca. € 100 auskommen mussten. Ich will den Präparaten ihre Wirkung nicht absprechen. In meinem Fall kommt der Alternativ-David momentan aber nicht gegen den Interferon-Goliath an.

06 Januar 2007

Achtung! Sie lesen ein Spam-Blog!

Vor kurzem erschien beim Veröffentlichen von Posts unter dem Eingabefeld noch ein weiteres Feld. Hierbei handelte es sich um die Eingabe für eine Wortbestätigung, eine Art verzerrten Text, den Menschen zwar noch lesen, Maschinen aber schlecht automatisch erkennen können. Dies hat zwar das posten nicht verhindert, war aber lästig. Zunächst dachte ich, dass es sich um eine neue Funktion von Blogger.com handeln könnte. In den Einstellungen konnte man aber nur die Wortbestätigung für Kommentare ein- und ausstellen. Nach einem Click auf das kleine Fragezeichen neben dem Eingabefeld, wurde es mir dann offenbart:

Mein Blog wurde als Spam-Blog eingestuft.

Laut der automatischen Spam-Erkennung von Blogger.com gehöre ich also zu der Art Mensch, die friedliebenden Internetnutzern Möglichkeiten zur Penisverlängerung offerieren. Schon im Hilfetext stand allerdings die erste Entschuldigung. (Blogger.com hatte richtig angenommen, dass der Leser des Hilfetexts wohl kaum ein Spam-Roboter ist und es sich beim Leser daher nur um einen fälschlicherweise beschuldigten Blogger, wie mich, handeln kann.) Nach einer Erklärung, dass die automatische Spam-Erkennung von Blogger.com nun einmal auch Fehler machen kann und einer weiteren Entschuldigung, wurde mir angeboten, eine manuelle Prüfung durch einen Blogger.com Mitarbeiter zu veranlassen. Gesagt Gelesen, Getan. Am nächsten Tag hatte ich es dann schwarz auf weiß:
Your blog has been reviewed, verified, and cleared for regular use so that it will no longer appear as potential spam.
Das wäre ja auch noch die Höhe! Ich kann ja verstehen, wenn sich kein Schwein für mein Blog interessiert noch nicht viele Menschen auf mein hochwertiges Informationsmaterial aufmerksam geworden sind, aber mich deswegen gleich als Spammer abzustempeln hätte ja noch gefehlt.

So weit ist es ja nicht gekommen. Man kann also getrost weiterlesen, ohne fürchten zu müssen, dass ich derweil Maß nehme.

05 Januar 2007

Guter Therapieverlauf trotz Pause

Am Ende meiner nun 6-wöchigen Pause wurde die Viruslast erneut bestimmt. Erwartet hätte ich, dass es zu einem erneuten Anstieg der Virenzahl kommt, da ich mir über einen längeren Zeitraum kein Interferon gespritzt habe. Das Ergebnis war dann aber viel besser als erwartet: HCV-RNA immer noch unter der Nachweisgrenze!

Das bedeutet nun, dass trotz der Leukopenie und den damit verbundenen Widrigkeiten (häufige Blutuntersuchungen, Therapiepausen und -verlängerung sowie die Reduktion der Dosis) eine Chance auf Heilung besteht. Offensichtlich helfen bei mir ja auch 90µg Interferon. Bei meinem Termin in der Lebersprechstunde der nahe gelegenen Uniklinik wurde mir sogar empfohlen, die Dosis auf 90µg alle zwei Wochen zu reduzieren um den Therapiepausen zu entgehen. Lieber langfristig den Wirkstoffspiegel halten.

Meine Annahme aus dem letzten Post hat sich allerdings quasi bestätigt. Der wahrscheinlichste Grund für den Leukozyten-Rekord war meine Mandelentzündung. Dieses Mal waren die Leukozyten bei 3000 und 46% Segmentkernigen. Nach 6 Wochen Pause ist das für mich ein guter, aber auch kein überragender Wert. Ich denke, damit hat sich das Esberitox endgültig disqualifiziert. Dem Alfalfa gebe ich noch eine Chance, werde die Wirkung aber kritisch beobachten: Wenn ich in diesem Stint meine Leukozyten für 10 Wochen über der Abbruchgrenze halten kann, dann werte ich die Einnahme als Erfolg, andernfalls als Misserfolg.

31 Dezember 2006

Ausblick: Therapie

Obwohl ich schon länger über den aktuellen Stand meiner Therapie berichten wollte, habe ich diesen Post absichtlich zurückbehalten. Der vorherige Post lag mir jedoch sehr am Herzen und brauchte viel Zeit zum Schreiben. Ich bin in meinem Blog bemüht, eine positive Sichtweise zu behalten und wollte das Jahr besser abschließen.

Die HCV-Therapie ist zwar nicht das freudigste Ereignis der Welt, bietet aber zumindest Perspektiven.

Meine Blutwerte haben einen Rekordwert seit Beginn der Therapie erreicht. 6000 Leukozyten bei 66% segmentkernigen, so dass mir wieder Interferon spritzen konnte. Nun bin ich in Therapiewoche 28, bei bisher 18 gegebenen Spritzen. Ich bin gespannt, wie mein Immunsystem weiter reagiert.

Der rapide Anstieg der Leukozyten kann folgende Gründe haben, die ich an dieser Stelle einmal näher betrachten will:

1. Meine Einnahme von Esberitox hat nun doch eine Wirkung gezeigt. Laut meinem Arzt ist dieses Präparat aber eher wirkungslos, was die bisherigen Blutwerte unterstreichen. Meine momentane Einstellung ist, dass ich die bestehende Packung aufbrauche und dann die Einnahme beende.

2. Seit kurzem nehme ich Alfalfa als Nahrungsergänzung. (Hauptbestandteil ist Luzerne, eine Art Futterklee für Tiere, aber man kann es ja mal probieren...). Auch dieses Präparat sehe ich als Test an, ohne mir große Hoffnungen zu machen. In den nächsten Wochen wird sich zeigen, ob eine Wirkung unter Interferon-Gabe nachweisbar ist. Dazu müssten die Blutwerte in den nächsten Wochen relativ stabil bleiben.

3. Ich hatte in den letzten 2 Wochen eine Mandelentzündung. So groß habe ich meine linke Mandeln noch nie erlebt. Dies ist die wahrscheinlichste Erklärung für den Leukozyten-Rekord. Sollten die Leukozyten in den nächsten 14 Tagen dramatisch absinken, so ist wohl ausschließlich die Entzündung für das gute Blutbild verantwortlich.

Ich warte also gespannt auf die nächsten Ergebnisse meiner Blutuntersuchungen. Zusätzliche Spannung bereitet die Tatsache, dass erneut die Viruslast bestimmt wurde. Nach der Therapiepause ist dies für mich besonders interessant, ob die Viruslast auch ohne Interferon noch unter der Nachweisgrenze liegt.

Der Januar wird also viele neue Erkenntnisse bringen, über die ich berichten kann.

Ausblick: Bewältigung

So viel ist klar: Der sonst so tröstende Satz "Alles wird wieder gut", könnte falscher nicht sein. Jede Faser meines Körpers sehnt sich nach der Zeit, als alles noch gut war. Gleichzeitig weiß ich, dass die unbeschwerte Jugendzeit nun endgültig vorbei ist.

Wie soll ich das je bewältigen?

Normalerweise setzt man sich mit einer Situation auseinander und verarbeitet sie so. Schließlich findet man für sich eine Lösung oder akzeptiert die Tatsachen. Eine HCV-Infektion ist zunächst niederschmetternd. Die Erkundigung über die Krankheit führt aber zu Therapiemöglichkeiten, so dass man die Infektion schließlich einordnen und damit auch hinnehmen kann. So ungünstig die Chancen auf Erfolg auch stehen, es bleibt die Hoffnung auf diese oder die nächste Therapie.

Den Tod meines Vaters kann ich weder einordnen, noch relativieren, noch wieder gut machen. Es besteht einfach keine Hoffnung auf Besserung. Jede Erinnerung und jedes grübeln tut immer noch genau so weh, nur die Abstände werden etwas größer. Außerdem kann und will ich die Sache auch nicht für mich abschließen. Dies ist nun Teil meines Lebens und wird mich immer begleiten.

Blicke ich weiter in die Zukunft, so sehe ich nur eine Möglichkeit auf Trost: Eigene Kinder. Diese verlagern den Blickwinkel auf ihre Generation. So wäre ich der Vater und nicht mehr das Kind.

13 Dezember 2006

Die Zeit danach...

Alle Trauer, aller Kummer, das ständige Grübeln nach dem Sinn, all dies ändert nichts an der Tatsache, dass mein Vater nicht mehr bei uns ist. Die Endgültigkeit der Ereignisse sickert langsam in mein Bewusstsein. Dieses schrittweise Begreifen ist eine einmalige Schutzfunktion des Körpers. Sicher wäre ich in einer Welle der Verzweifelung untergegangen, hätte ich die Tragweite der Ereignisse auf einen Schlag realisiert. Es war so schon schlimm genug.

Mein Vater war selbstständig. Die letzten Tage bin ich ins kalte Wasser gesprungen und habe die Geschäfte meines Vaters so gut es ging weiter geführt. Glücklicherweise kann ich mir die Arbeit mit meinem Bruder teilen. Alleine wäre es extrem schwierig, sich um die Dinge im Büro zu kümmern und gleichzeitig alle anstehenden Behördengänge zu erledigen. Der starke familiäre Zusammenhalt gibt mir viel Kraft. Wie bei einem Dreibein lehnt sich Jeder an den Anderen an, so dass Jeder Jeden stützt.

Ich erledige Dinge, die ich mir vor zwei Wochen nie zugetraut hätte. Das was man tut, tut man, weil man es eben tun muss. Ich fühle mich wie beim Fahrrad fahren lernen:
Mein Vater schiebt mich an, läuft neben mir her und hält mich fest, bei jeder Unsicherheit ist er für mich da. Irgendwann, das wusste ich, wird er loslassen, nur den Zeitpunkt kannte ich nicht. Vorletzen Sonntag hat er losgelassen und nun fange ich besser an zu strampeln. Ich hoffe nur, dass ich genug Schwung mitgenommen habe, aber eigentlich bin ich mir ziemlich sicher, dass es reicht. Obwohl ich vor lauter Schlingern noch nicht zurückblicken kann, sehe ich seinen stolzen Gesichtsausdruck vor mir, als er seinen Sohn fahren sieht.

Trost bietet mir die Überzeugung, dass er sich nun nicht mehr mit den Lasten dieser Welt herumplagen muss. Es gibt ein Urlaubsfoto, wo mein Vater in einem Strandkorb liegt und sich die Sonne auf den Pelz brennen lässt. Ich hoffe, dass es ihm nun genau so geht.

04 Dezember 2006

Mein schlimmster Albtraum

Gestern früh ist mein Vater im Alter von 53 Jahren unerwartet verstorben.

Bisher habe ich ja alles hingenommen: Die Diagnose, die Therapie, die Nebenwirkungen, aber der Tod meines Vaters treibt mich an den Rande der Verzweifelung. Ich bin ein erklärter Familienmensch: Im familiären Umfeld fand ich immer wieder Kraft und Motivation. Ich hätte mir nichts sehnlicher gewünscht, als dass er mit seinen Enkelkindern spielen kann. Enkelkinder, die bisher aufgrund der Infektion und den Nebenwirkungen der Therapie (Missbildungen) nicht in Frage kamen. Kinder lagen ihm sehr am Herzen. Die Art, wie er sich mit seinem 3-jährigen Neffen beschäftigt hat, war einmalig. Der Kleine konnte es immer kaum erwarten mit meinem Vater zu spielen.

Er war so ein guter Mensch, geduldig und immer hilfsbereit. Bei jeglichen Renovierungsarbeiten stand er mir tatkräftig bei. Eigentlich habe ich eher Ihm zugearbeitet, während er die Wohnung renoviert hat. Sein unendliches handwerkliches Geschick konnte ich nämlich nur zum Teil erben.

Momentan lenke ich mich durch den zu erledigenden Papierkram ab, mir graut es vor der Zeit danach. Ich stelle mir immer wieder die Frage: "Warum?".

Nun ist alles einfach nur leer, das ganze Leben wirkt so nebensächlich. Ich habe das Gefühl, dass jeder Funken Freude aus meinem Körper entwichen ist.

Trotzdem muss es weiter gehen. "Geht nicht, gibt's nicht!", war immer sein Lebensmotto und nun ist es auch meins.

01 Dezember 2006

Der perfekte Patient

Gestern habe ich mich mit dem Nachbarn meiner Eltern, auch einem Arzt, darüber unterhalten, wie viel Selbstbeschaffung von Informationen für einen Patienten sinnvoll ist. Damit mir mein behandelnder Arzt nicht jede Kleinigkeit erklären muss, versuche ich mir einen großen Teil der Informationen anzulesen. Als mir bei der telefonischen Anfrage meiner Blutwerte mitgeteilt wurde, dass die weißen Blutkörperchen absinken und man nächstes Mal die Anzahl der neutrophilen Leukozyten bestimmen müsste, habe ich nachgeschlagen, was das genau ist.

Prinzipiell, so der Nachbar meiner Eltern, sei das auch sehr wünschenswert. Manchmal hat man schon viel Mühe, einer betroffenen Person den medizinischen Sachverhalt klarzumacen. Ein aufgeklärter, informierter Patient fragt auch eher nach, wenn er etwas nicht verstanden hat. Als Arzt, kann man auch relativ schnell herausfinden, wo das Wissen aufhört und wo das Halbwissen anfängt. Man lässt den Patienten einfach erzählen und hakt zwei, drei Mal nach.

Da letztlich der Patient alle Entscheidungen selbst treffen muss, ist ein hoher Grad an Wissen über die eigene Erkrankung meiner Meinung nach unerlässlich. Die Warnung, die ich allerdings aus diesem Gespräch mitgenommen habe ist, dass das Pendel nicht in die andere Richtung ausschlagen darf. Während mein Grundlegendes über die Funktionsweise der Leber noch nachlesen kann sollte man nicht im Internet nach alternativen Therapieansätzen recherchieren. Wenn man etwas über eine Phase 1 Studie liest, sollte man nicht denken, dass das in nächster Zeit etwas wird.

Schlimm ist, wenn man durch solche selbst beschafften Informationen beratungsresistent wird, da man ja selbst alles besser weiß. Die Vorgänge im Körper sind zu komplex, als dass man sie sich via Google mal eben aneignen könnte. Deswegen dauert die Ausbildung zum Mediziner ja auch so lange. Jede Krankheit hat außerdem einen völlig individuellen Verlauf. Wenn zwei Personen an Hepatitis C erkrankt sind, dann heißt das nur, dass die Krankheit gleichartig verläuft, aber nie genau gleich. Daher kann man eben nicht Fallberichte eins zu eins auf sich selbst übertragen.

Bei all der Flut von Informationen, die man sich beschaffen kann sollte man den Arzt als kompetenten Ansprechpartner nie vergessen. Bisher hatte ich die Einstellung, dass ich meinem Arzt nur zuarbeiten, aber mich nicht alleine therapieren kann. Damit bin ich bisher auch sehr gut zurechtgekommen.

26 November 2006

Die regelmäßige Einnahme

Gerade eben hätte ich fast die rituelle abendliche Einnahme des Ribavirins vergessen. Irgendwann wird einem eben auch die Routine zum Verhängnis. Manchmal muss ich hart überlegen, ob ich die Pillen nun schon eingeworfen habe, oder ob mir meine Erinnerung vorgaukelt, Gestern Abend sei heute Abend.

Als Termin hatte ich mir 10:00 Uhr ausgesucht. 10:00 Uhr morgens erschien mir passend für das zweite Frühstück bzw. für das erste Frühstück, wenn man länger schläft. 22:00 Uhr erschien mir nicht zu spät um abends noch eine Kleinigkeit zu essen.

Das Problem ist, dass die Tabletten zusammen mit einer Mahlzeit eingenommen werden müssen. Bei meinem Rhythmus ist der Trick, immer einen Joghurt oder einen Apfel im Haus zu haben, der als "Mahlzeit" herhalten kann. Ganz ohne etwas zu essen möchte ich die Tabletten dann doch nicht einnehmen. 20:00 Uhr wäre sicher ein besserer Termin zusammen mit dem Abendessen gewesen, doch dann hätte ich auch am Wochenende um 08:00 Uhr aufstehen müssen. Das, so war ich mir damals sicher, hätte stark negative Auswirkungen auf meine generelle Stimmung und somit auch auf den Therapieverlauf gehabt.

Alles in allem klappt es auch relativ gut: Den Einnahmetermin habe ich erst zwei Mal vergessen, ein Mal davon habe ich es 4 Stunden später gemerkt und konnte die Tabletten nachnehmen. Normalerweise schaffe ich es spätestens 90Min nach dem Termin die Tabletten noch einzunehmen. Das hängt immer auch stark vom Tagesablauf ab. Mein Ziel ist es, von den 672 Einnahmen (48*7*2) nur höchstens 0,5% also so 3-4 zu verpassen. So weit, so gut, zwei Mal hätte ich also noch.

Skype

Mit der DSL-Leitung kam auch die Möglichkeit wieder Skype zu benutzen. Gestern habe ich mehrere Stunden in einer Fünferkonferenz mit meinem alten Freundeskreis zugebracht. Ich war selten in den letzten paar Wochen so gut gelaunt, wie an diesem Tag. Es scheint so, also ob sich meine Prognose am Ende dieses Posts bewahrheitet, dass sich mit der DSL-Leitung die Anbindung an den Freundeskreis wieder verbessert.

25 November 2006

Weitergabe von Informationen

Vor einigen Tagen sprach mich ein Bekannter an, ob ich ihm Informationen über Hepatitis C und zu meiner Therapie geben könnte, damit er sie an eine HCV-Infizierte weitergeben könne, die eine Therapie erwägt.

Ich poste hier eine Kopie der E-Mail, da sie viele Dinge gut zusammenfasst.



Zu meiner Therapie, vor allem zu den Nebenwirkungen:

Zunächst sollte natürlich ein Arzt zu Rate gezogen werden. Ich kann nur einen Erfahrungsbericht abgeben. Die Maßnahmen, die vor und während der Therapie unternommen werden müssen sind von Person zu Person sehr unterschiedlich, da immer andere Nebenwirkungen auftreten. Ich schreibe jetzt erstmal was Allgemeines als medizinischer Laie und beschreibe dann meine ganz persönlichen Eindrücke:

Die Therapie besteht aus einer Kombination von zwei Medikamenten: Interferon und Ribavirin. Das Interferon muss man sich ein Mal pro Woche subkutan injizieren, das Ribavirin gibt es in Tablettenform uns muss morgens und abends zusammen mit einer Mahlzeit eingenommen werden.

Zu den gängigsten Nebenwirkungen gehören Grippesymptome nach der Injektion des Interferons. Diese treten allerdings an den Tagen direkt nach der Injektion auf. Wenn man den Termin also auf Freitag abend legt, kann man die schlimmsten Nebenwirkungen verschlafen und sich Samstag und Sonntag auskurieren. Mit Paracetamol bekommt man das ganz gut in den Griff. Weitere Nebenwirkungen können Übelkeit, Bauchkrämpfe, Schlaflosigkeit und Durchfall sein. Alles kann man irgendwie mit Medikamenten lindern. Im weiteren Verlauf der Therapie können sich dann außerdem die Blutwerte verändern. Das Interferon kann zum Absinken der weißen Blutkörperchen führen, was in einem geschwächten Immunsystem resultiert. Das Ribavirin kann zur Verringerung des Hämoglobins (roter Blutfarbstoff) führen. Da dieser für den Sauerstofftransport im Blut verantwortlich ist, führt dessen Verringerung zu geringerer Belastbarkeit und Kurzatmigkeit. Weiterhin können sich die Schilddrüsenwerte verändern, so dass vor der Therapie auf jeden Fall eine Kontrolle der Schilddrüsenfunktion erfolgen muss.

Neben diesen körperlichen Nebenwirkungen sind die mentalen Nebenwirkungen nicht zu unterschätzen. Diese sind zum einen eine direkte Nebenwirkung der Medikamente, zum anderen sind sie eine Folge der konstanten körperlichen Belastung. Zu diesen Nebenwirkungen zählen vor allem Depressionen, Stimmungsschwankungen und Reizbarkeit.

Leider kann man nicht pauschal sagen, welche Nebenwirkungen in welchem Umfang auftreten.

Persönlich habe ich teilweise Glück gehabt mit meinen Nebenwirkungen. Die Grippesymptome blieben weitestgehend aus. Ich habe aber auch von Beginn an zu jeder Spritze vorbeugend 2 Paracetamol genommen. Weitere Tabletten habe ich zwar bereitgehalten, aber nie gebraucht. Zunächst hatte ich sonst keine weiteren Nebenwirkungen. Gerade am Anfang sollen die Nebenwirkungen stärker ausfallen, daher war ich guten Mutes. Mein Arzt warnte jedoch und sagte, dass einige Nebenwirkungen erst auftreten, wenn sich eine gewisse Menge der Medikamente im Körper angesammelt hat. So war es auch bei mir. Bauchkrämpfe, Durchfall, Appetitlosigkeit und Schlaflosigkeit traten erst in den letzten 2 Monaten häufiger auf. Gott sei dank war die Stärke der Nebenwirkungen eher mild und das Auftreten eher schubweise, so dass nach eine Woche meistens wieder Ruhe war.

Zu meinen schlimmsten Nebenwirkungen gehört die Blutbildveränderung. Mein Immunsystem ist auf ein Minimum reduziert, mein Hämoglobin sank so stark ab, dass Treppensteigen zum Marathon wurde. Die Auswirkungen waren derart schlimm, dass ich die Therapie nach 12 Wochen für 4 Wochen unterbrechen musste. Als sich rotes und weißes Blutbild halbwegs stabilisiert hatten, ging es mit der halben Dosierung weiter. Das Hämoglobin fing sich wieder, so dass ich mittlerweile halbwegs belastbar bin. Die weißen Blutkörperchen sanken aber trotz der Dosisreduzierung erneut ab, so dass ich nun wieder pausiere. Das schlechte Blutbild macht eine wöchentliche Kontrolle erforderlich. Normalerweise kann man nach der Anfangszeit auf einen 2- oder 3-Wochen-Rythmus umsteigen. Das ständige Blutabnehmen und die konstante Unsicherheit, ob es denn diese Woche noch gereicht hat mit dem Immunsystem, ist ziemlich nervenaufreibend. Auf solche Entwicklungen muss man sich aber vorbereiten. Mein Arzt hat nach eigener Aussage noch keine reibungslose Therapie erlebt. Zitat: "Irgendwas ist ja immer".

Gerade auf die zu erwartenden psychischen Nebenwirkungen habe ich mich vor Beginn meiner Therapie vorbereitet. Ich war schon vorher relativ ungeduldig und reizbar. Dies habe ich in den Wochen vor meiner Therapie relativ gut in den Griff bekommen und so konnte ich die erste Zeit gut überstehen. Meiner Meinung nach, ist es aber außerordentlich wichtig, dass man die Therapie in eine ruhige berufliche Zeit legt und auch seine Familie und Bekannte auf die Therapie vorbereitet. Ich selbst habe die Therapie bewusst an das Ende meines Studiums gelegt, um zeitlich flexibel zu sein. Meine Studienarbeit hat die Therapie jedenfalls erheblich verzögert. Sie ist nach 12 Monaten immer noch nicht abgegeben. Mein betreuender Professor ist in dieser Hinsicht glücklicherweise sehr verständnisvoll.

Der Umzug und die zugehörige Renovierung der Wohnung haben mich dann aber völlig aus der Bahn geworfen. Auf einmal traten alle möglichen schlechten Eigenschaften, vor allem eben Ungeduld und Reizbarkeit, extrem stark auf. Danach hatte ich keinen vernünftigen Internetanschluss. Somit wurde die Kommunikation mit meinem zurückgebliebenen Freundeskreis fühlbar beschränkt, was zu einigen, Gott sei dank nur leichten, Depressionen geführt hat. Hier zeigt sich, wie wichtig das soziale Umfeld für eine erfolgreiche Therapie ist.

Trotz der Schwierigkeiten rate ich davon ab, die Therapie aufzuschieben. Je älter man wird, desto weniger belastbar wird der Körper. Dies hat auch mich dazu veranlasst meine Therapie jetzt durchzuführen. Nach dem Studium kommt der Berufseinstieg und danach die Gründung einer Familie. Alles kein guter Zeitpunkt für ein Jahr Auszeit. Ehe man sich versieht ist man dann 10 Jahre älter und dich Chancen um so schlechter. Auch dies ist natürlich eine sehr persönliche Entscheidung gewesen. Es gibt durchaus vielversprechende klinische Studien zu neuen Medikamenten, die wirksamer und verträglicher sein sollen. Diese Studien gab es aber auch schon vor 4 Jahren, als bei mir HCV diagnostiziert wurde.

Man sollte sich im klaren sein, dass eine Interferon-Ribavirin Therapie kein Spaziergang ist. Man schluckt nicht einfach irgendwelche Antibiotika und dann ist es nach 2 Wochen erledigt. Beim Typ 1 erscheinen einem die 48 Wochen unendlich lang. Man muss sich von einem kleinen Erfolg zum anderen hangeln. Hat man den Genotyp 2 oder 3 so sieht die Sache mit 24 Wochen Therapiedauer schon anders aus. Hätte ich Typ 3 und nicht Typ 1, so wäre ich jetzt fast fertig. Langsam habe auch ich nämlich keine Lust mehr. Die Flasche Baileys, die ich mir nach Therapieende genehmigen werde, wirkt aber immer noch motivierend. Alkohol ist gerade während der Therapie absolut tabu!

Übertragungswege Nachtrag

Küchenmesser als Übertragungsweg kamen mir gerade noch in den Sinn. Dass man sich beim Gemüse schnippeln mal in den Finger säbelt, lässt sich kaum vermeiden. Wie ein japanischer Küchenjunge seinen eigenen Satz Messer mitzuführen halte ich für albern. Für solche Fälle halte ich auch immer ein Desinfektionsmittel bereit. In der Packungsbeilage steht, dass es auch HC-Viren abtötet.

Heute abend gab es aber mit den zuvor beschriebenen Kommilitonen meiner Freundin eine ähnliche Situation. Ein Kommilitone hatte alle Komponenten für einen Obstsalat mitgebracht, unter anderem auch ein Brett und ein Messer. Während der Zubereitung beschwerte er sich, dass sein Messer zu stumpf sei. Ich bot an, es für ihn zu schleifen. Normalerweise geht das reibungslos aber dieses Mal hätte ich mich fast, Gott sei dank nur fast, geschnitten. Ich habe die Frage "Warum desinfizierst du mein Küchenmesser" schon in meinen Ohren gehört.

Nein, es ist wirklich viel einfacher offen mit seiner HCV-Infektion umzugehen. Alles andere verursacht nur Stress und davon hat man während der Therapie schon genug. Wenn ich die Leute besser kenne und sich die Situation ergibt, werde ich "das Geheimnis" wohl auch lüften, denke ich.

Übertragungswege

Wenn man, so wie ich, viele Nebenwirkungen nur ab und zu ertragen muss, kann man sich relativ gut aussuchen, wem man erzählt, dass man unter chronischer Hepatitis C leidet. Von meinen Freunden, die mich schon eine weile kennen, habe ich es jedem erzählt. Fast alle kannte ich aber schon vor meiner Diagnose.

Wie ich aber schon in einem anderen Post geschrieben habe, treffe ich nun regelmäßig auf die neuen Kommilitoninnen und Kommilitonen meiner Freundin. Von Ihnen weiß noch keiner von meiner HCV-Infektion. Entsprechend komisch ist es, wenn dann die schlimmen Krankheiten "HIV und Hepatitis" thematisiert werden, mit denen man sich bloß nicht infizieren möchte. Zum Thema HIV hieß es, dass selbst, wenn man sich durch Küssen eigentlich nicht infizieren könne, bliebe doch ein ungutes Gefühl.

Ich bin gespannt, was sie zum Hände abtrocknen gesagt hätten. Hepatitis (A) könnte man sich schließlich doch auch so "holen". Ich will nicht zu hart ins Gericht gehen. Vielleicht hätte ich ja auch so gedacht, wäre ich nicht selbst betroffen. Noch sind alle im ersten Semester Medizin. Ich hoffe, dass sich die Einstellungen mit zunehmendem Wissensstand entsprechend ändern.

Mir bleibt immer ein Beispiel im Kopf: Ein Amoklauf in einem Bahnhof. 11 Personen wurden mit einem Messer angestochen. Eine der ersten war HIV-positiv. Als ich diese Nachricht hörte, war ich zunächst überzeugt, dass auch alle weiteren Opfer nun den HI-Virus in sich tragen würden. Völlig falsch, stellte sich zwei Tage später heraus. Das infektiöse Blut sei abgewischt worden, als das Messer die Kleidung des nächsten Opfers durchdrang. Die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung läge nur bei ca. 0.2%. Tja, so kann ich mich irren.

Die Übertragung von Hepatitis C ist meines Wissenstandes nach äußerst gering. Außer dem Kontakt mit infiziertem Blut fällt mir momentan kein Übertragungsweg ein. Da ich eigene Nagelscheren, Zahnbürsten, Handtücher usw. verwende, mit denen Gäste überhaupt nicht in Berührung kommen, erachte mich mein Zuhause als sicher.

24 November 2006

Viruslast nicht mehr nachweisbar

Nach 22 Wochen Therapie (17 Wochen netto, wenn man die Pausen abzieht) bin auch ich nun endlich virusfrei. Die HCV-RNA ist nicht mehr nachweisbar.

Der Reigen geht also weiter. Sobald sich mein Immunsystem wieder aus den Seilen aufgerappelt hat geht's in die nächste Runde.

Es könnte also doch noch was werden. Angeschlagene Boxer sind für den Gegner ja bekanntlich am gefährlichsten.

Endlich wieder DSL

Nach 4 Wochen im Frühmittelalter des Internet (56K Modem) konnte ich nun mit einer 1024kbit DSL-Flatrate wieder in die Moderne aufschließen. Das macht auch das bloggen wieder viel bequemer.

Als damals die ersten 56k Modems auf den Markt kamen freute man sich noch über die Wahnsinnige Geschwindigkeit. Mittlerweile sind aber viele Webseiten so aufgebläht, dass das surfen ohne DSL-Leitung zur Qual wird. Da es außerdem keine oder nur sehr teure Flatrates für Wählverbindungen gibt, werden die langen Ladezeiten doppelt schlimm.

Dabei kann es so einfach sein, kleine Webseiten mit XHTML + CSS zu erstellen. So kann man alle Layout-Angaben in eine separate Datei verbannen, die nur ein Mal geladen werden muss. Läd man eine zweite Seite, muss sich dann nur noch der Inhalt durch das 56k Modem zwängen.

Mit einer flächendeckenden Versorgung mit DSL verschwindet das Problem ja keineswegs. Nun sind es die mobilen Endgeräte, die den Flaschenhals in der Bandbreite darstellen.

Momentan kümmert mich das allerdings recht wenig. Bei mir zu hause geht jetzt alles wieder flott durchs Netz.

18 November 2006

Der Blogger in mir

Ich war nie der Tagebuch-Typ und nachdem ich zwei Monate lang nichts zustande gebracht habe, bin ich überrascht, dass ich in der letzten Woche so eine Flut von Posts hervorbringen konnte. Ich habe erkannt, dass es nicht der durchdachte Artikel ist, der ein Blog ausmacht, sondern der alltägliche Gedanke. Am Anfang habe ich versucht möglichst durchdachte, in sich schlüssige Dinge zu schreiben. Jetzt tippe ich die Dinge so, wie sie mir einfallen. Das macht die Produktion von Posts deutlich einfacher. Die Qualität leidet zwar ein wenig, aber ich hatte von Beginn an weder das passende Thema, noch die redaktionellen Fähigkeiten um exorbitante Mengen an Besuchern anzuziehen. Noch weiß ich nicht einmal, ob mehr als zwei Personen mein Blog lesen. Beim Aufschreiben der eigenen Gedanken muss man sie in eine Art Form bringen, schließlich könnte ja doch einmal Jemand dieses Blog lesen. Allein dadurch reflektiert man Vieles noch einmal. Letztendlich schreibe ich daher für mich selbst.

Die Sache mit dem Alkohol

Wenn man sich mit unbekannten Personen zum Vorglühen trifft, dann macht man sich schon einige Gedanken. Ich z.B. habe mir dieses Mal mein eigenes Alkoholfreies Bier mitgebracht. Viel wichtiger als ein anständiges Alkoholfreies Bier, ich kann Holsten, Krombacher oder Erdinger empfehlen, ist allerdings, eine Antwort auf das Warum parat zu haben. »Warum trinkst du keinen Alkohol?«. »Guten Tag, ich habe chronische Virushepatitis C, Genotyp 1b und mache gerade eine Peginterferon-Ribavirin-Kombinationstherapie« ist nicht unbedingt der beste erste Eindruck, den man machen kann. Die übliche Ausrede: »ich muss fahren«, ist nur möglich, wenn man mit dem Auto gekommen ist. Dann ist es ja auch keine Ausrede, sondern die Wahrheit. Wenn man schon keinen Alkohol trinken darf, dann fährt man auch, sofern es die Medikamente zulassen.

Nun halte ich mit meiner HCV-Infektion nicht groß hinter dem Berg. Der Kassiererin bei Penny binde ich es auch nicht auf die Nase, aber jeder, der mich halbwegs kennt, weiß was ich habe. Und damit habe ich bisher auch sehr, sehr gute Erfahrungen gemacht. Es gibt einfach keine bessere Erklärung als die Wahrheit. Es ging hier allerdings nicht um meine neuen Freunde, sondern um die neuen Freunde meiner Freundin. Während ich damit leben kann, dass mich Leute wegen meiner Krankheit meiden könnten, möchte ich nicht verantworten, dass sie meine Freundin meiden. Ich kann mir gut vorstellen, was meine Freundin von solchen Personen halten würde, trotzdem möchte ich nicht, dass ihre neuen sozialen Bindungen darunter leiden.

Würden mich ihre Freunde besser kennen, sähe die Sache anders aus. Bis dahin kann ich mir schon mal überlegen, wie ich das Ribavirin als Pfefferminz tarne und was ich mache, wenn Jemand eins abhaben will.

Neid

Wenn man nachts wach liegt, dann grübelt man über viele Dinge nach. Unter anderem beschlich mich ein Gefühl, welches ich gar nicht gewöhnt war: Eifersucht. Nun bin ich eigentlich ein gänzlich uneifersüchtiger Mensch, ich bin der festen Überzeugung, dass eine Beziehung auf Vertrauen basieren muss. Wenn man anfängt eifersüchtig zu sein, dann hat man sich selbst der wichtigsten Grundlage seiner Beziehung beraubt.

Ausgangspunkt meiner Gedanken war der Studienbeginn meiner Freundin. Sie lernt viele neue Freunde kennen und ich bin momentan mitunter nicht der angenehmste Zeitgenosse. Trotzdem ist
mein Vertrauen in meine Freundin ungebrochen. Gerade heute abend sind wir mit vielen ihrer neuen Freundinnen und Freunde ausgegangen. Ich kam mit allen gut zurecht und muss mir nun wirklich keine Sorgen machen. Also wundere ich mich, woher dieses Gefühl kommt.

Beim weitern Nachdenken fiel mir dann plötzlich auf, dass es sich gar nicht um Eifersucht handelt, sondern um ein ganz ähnliches Gefühl: Neid. Gerade, weil ich den neuen Freundeskreis meiner Freundin sehr symphatisch finde, bin ich neidisch. Ich bin neidisch darauf, dass sie jeden Tag viele nette Leute um sich hat. Ich vermisse meinen alten Freundeskreis, den ich nun nur noch ein bis zwei Mal die Woche sehen kann. Vor dem Umzug war er noch so unmittelbar vorhanden, ein kurzer Anruf genügte und man konnte sich treffen. Zwar bin ich nur 60 km weit weg gezogen, aber trotzdem will nun jeder Besuch geplant werden. Ich mache weder Geld noch Benzin selbst. Leider.

Ich denke, meine Integration in den neuen Freundeskreis wird nicht ganz einfach. Der Altersunterschied, ich bin ungefähr fünf Jahre älter, ist zwar vorhanden, aber kein Hindernis. Die Schwierigkeit liegt meines Erachtens darin, dass der komplette neue Freundeskreis das Medizinstudium gerade begonnen hat, während ich mein Studium der Wirtschaftsinformatik demnächst abschließen werde. Die Diskussionen, ob es sich nun lohnt zu Vorlesungen zu gehen oder nicht, habe ich schon selbst zur Genüge geführt. Ich werde sicher gemeinsam mit meiner Freundin viel mit ihren neuen Freunden unternehmen, kann mir aber nicht vorstellen mich ohne sie mit ihnen zu treffen.

Ganz so fatalistisch möchte ich den Post aber nicht abschließen: Da ich die Zukunft(tm) nicht voraussagen kann, könnte sich die ganze Sache auch viel besser entwickeln. Mein Gefühl der Entwurzelung liegt auch daran, dass die DSL-Leitung samt Flatrate noch nicht geschaltet ist. Die Kommunikation via E-Mail, Instant Messenger oder Voice over IP, die ich zuvor sehr rege genutzt habe, beschränkt sich momentan auf ein Minimum. Auch könnte ich wieder anfangen World of Warcraft zu spielen. So treffe ich einige meiner alten Freunde zumindest virtuell.

Schlaflosigkeit

Eine weitere Nebenwirkung hat mich ereilt: Schlaflosigkeit. Anfang der Woche dachte ich noch, dass es sich um die Nachwirkungen der LAN-Party vom letzten Wochenende handelt. Mittlerweile ist es allerdings schon die vierte Nacht in Folge, in der ich schlecht schlafe. Ich wache mitten in der Nacht auf und bin hellwach. Heute war ich das erste Mal seit Therapiebeginn bis spät in die Nacht tanzen. Als ich um 3:00 Uhr ins Bett ging konnte ich noch gut schlafen. Um 03:45 bin ich dann aber wieder aufgewacht, jetzt ist es 4:15 Uhr. Um dem Umherwälzen der letzten Nächte zu entfliehen tippe ich einfach ein paar Zeilen.

Wenn sich die Situation am Wochenende nicht bessert, werde ich ein sanftes Schlafmitel auf meine Medikamentenliste setzen. So etwas habe ich bisher zwar noch nie gebraucht, aber in einigen Bereichen spinnt mein Körper einfach völlig. Verständlich, wie ich finde. So viele Wehwechen habe ich für eine Interferontherapie nun auch wieder nicht. Zur Zeit nehme ich zusätzlich nur Vitamintabletten und ein Mittel gegen den ständigen Harndrang. Dazu kommt noch der bisher erfolglose Versuch, das Immunsystem mit Esperitox anzukurbeln. Es könnten noch ein Mittel gegen Bauchschmerzen und Durchfall kommen, bisher halten sich diese Nebenwirkungen allerdings in Grenzen. Sie treten immer nach der Einnahme von Ribavirin auf und fallen milder aus, wenn man gleichzeitig etwas isst. Ich konnte mich immer dazu zwingen wenigstens eine Kleinigkeit dazu zu essen.

Ich warte auf das, was noch so kommt. Irgenwas ist ja immer.

17 November 2006

Sollte ich mir Vorwürfe machen?

Nachdem ich meine Blutwerte erfahren habe, bin ich ins Grübeln gekommen: Muss ich mir Vorwürfe machen, weil ich mich am Wochenende nicht zu hause ausgeruht und geschont habe? ... Ich glaube nicht. Auch in Wochen, wo ich mich geschont habe, sind meine Blutwerte bergab gegangen. Viel mehr Vorwürfe hätte ich mir gemacht, wenn ich nicht hingegangen wäre und trotzdem hätte pausieren müssen. Es ist wichtig, dass man sich nicht zu hause einigelt. Gerade dann, wenn es die körperliche Verfassung zulässt, muss man sich unter Leute begeben.

Blutwerte Teil 2

Nun ist es wieder so weit: Nachdem ich gestern schon erfahren hatte, dass meine Leukozyten unter 1500 gesunken sind, brauchte man keine seherischen Fähigkeiten um zu prognostizieren, dass die Therapie erneut unterbrochen werden muss. Das Differentialblutbild hat meine Ahnung heute bestätigt. Noch denke ich allerdings nicht an den Abbruch. Das ganze Hin und Her ist zwar Nervenaufreibend, das Leben ist aber schließlich kein Kindergeburtstag.

In 4 Wochen habe ich einen Termin in einer nahe gelegenen Uniklinik. Dort werde ich mir auf Anraten meines Arztes noch eine zweite Meinung einholen. Meine Hoffnung ist, dass man vielleicht doch Maßnahmen zur Stärkung des Immunsystems ergreifen kann. Vor zwei Wochen habe ich angefangen Esperitox zu nehmen. Dieses Präparat soll angeblich das Immunsystem steigern, hat es aber bisher noch nicht getan. Eine weitere Maßnahme wäre, dass man von Pegasys auf Pegintron umsteigt. Auch dort mache ich mir wenig Hoffnung, da es sich letztendlich um den gleichen Wirkstoff handelt. Trotzdem will man natürlich alles probiert haben.

Nächste Woche wird nun zum ersten Mal seit der Reduzierung der Dosis die Viruslast bestimmt. Letztlich wird davon abhängen, ob die oben genannten Maßnahmen erfolgreich sein könnten. Hat die Therapie mit halber Dosis nicht angeschlagen, dann muss ich mich wohl auf einen Misserfolg einstellen. Die Vorstellung, dass ein Spezialist in einer Uniklinik das Immunsystem-As aus dem Ärmel zieht und mich zurück zur vollen Interferon Dosis bringt, wäre naiv. So etwas passiert nur in Griechischen Theaterstücken.

Die Gute Alte Zeit

Letztes Wochenende war ich auf einer LAN-Party. Allerdings handelte es sich nicht um ein Riesentreffen von mehreren hundert Leuten, sondern um eine LAN-Party wie früher. Wir waren acht und haben die Spiele gespielt, die vor einigen Jahren aktuell waren: Starcraft, Age of Empires 2, Unreal Tournament und Counter-Strike Beta 7. Das einzige, was es nicht gab waren die ständigen Netzwerkprobleme, die man damals so hatte. So nostalgisch uns alte BNC-Karten einzubauen waren wir dann doch nicht. Mein Fazit: Die alten Spiele machen noch genau so viel Spaß wie früher.

An einer Stelle ist mir jedoch aufgefallen, dass man die Zeit nicht immer zurückdrehen kann. Zwei meiner Freunde sind nicht gekommen, weil sie sich mit einem anderen meiner Freunde zerstritten haben. Die Gründe sind zwei verschiedene Frauengeschichten. Ich werde hier nicht auf die Details eingehen, nur erwähnen, dass der anwesende Freund keinem der beiden nicht-anwesenden Freunde die Freundin ausgespannt hat. Den Boykott der LAN-Party finde ich daher ziemlich übertrieben. Es wird immer Situationen geben, wo man sich unter Freunden nicht einig ist. Freundschaft zeigt sich bekanntlich erst in schwierigen Zeiten. Ich persönlich bin froh, dass mich bisher keiner meiner Freunde im Stich gelassen hat. Es scheint so, als hätte ich eine gute Wahl getroffen.

10 November 2006

Der Limbus

Dante's Inferno Test hat mir offenbart, dass ich nur in die erste von neun Höllen komme. Gar nicht so schlecht, oder?

Die verdammten Blutwerte

Seit Wochen hangele ich mich nun von einer Blutentnahme zur nächsten. Jeden Mittwoch wird Blut abgenommen und Donnerstags oder Freitags ist das Differentialblutbild da. Ein einfaches Blutbild reicht bei mir schon lange nicht mehr aus, da ich immer knapp über der Abbruchgrenze liege. Die Anzahl der neutrophilen Leukozyten muss über 500/mm³ liegen und diese neutrophilen kann man eben nur mit einem Differentialblutbild feststellen. Nicht, dass sich für mich dabei etwas ändern würde: Nadel rein, Blut raus.

Jetzt ist es wieder so weit. Gerade habe ich mit meinem Arzt telefoniert, wenn es nächste Woche nicht besser wird, dann muss ich entweder erneut pausieren oder abbrechen. Meine anfängliche Einstellung "Die Chancen stehen 50:50, mal sehen, was passiert" hat sich nach der Kontrolluntersuchung im 3. Monat allerdings geändert. Damals war die Viruslast um den Faktor 100.000 abgesunken. Diesen ersten Erfolg will ich nun natürlich zu einem positiven Therapieende weiterführen. Es ist schon merkwürdig, dass man mittlerweile geradezu darum bittet, sich die nächste Spritze noch setzen zu dürfen.

Der Mensch wächst mit der Herausforderung

Vor einigen Tagen ist traurigerweise meine Großmutter verstorben. Ganz unerwartet kam es nicht, aber wenn es dann schließlich so weit ist, hilft auch die ganze mentale Vorbereitung nur bedingt. Irgenwie bin ich jedoch motiviert nach hause zurückgekommen. Ich bin voller Hochachtung, mit welcher Energie und Zuneigung meine beiden Tanten ihre Mutter gepflegt und begleitet haben. Auch die Art und Weise, wie meine Großmutter ihre Morbus Parkinson akzeptiert hat ist einzigartig. Dass sie trotz dieser schweren Erkrankung ein erfülltes Leben im Rahmen ihrer Möglichkeiten gelebt hat, dient mir als Vorbild.

Blick man auf die Umstände ihrer Generation, besonders auf die Zeit im und nach dem Zweiten Weltkrieg, zurück, dann wirken die Probleme von heute eher minimal. Natürlich habe ich einen Virus im Körper, der mich ohne Behandlung *vielleicht* in 40-60 Jahren umbringen könnte, aber damals konnte jeder von einer Bombe oder Kugel einfach so getötet werden. Heute sorge ich mich um meine Blutwerte und meinen Therapieerfolg, 1945 standen viel elementarere Dinge wie Lebensmittel und Feuerholz auf dem Programm.

Ich möchte die Herausforderungen einer HCV-Therapie nicht kleinreden, aber wenn meine Großmutter die Kriegs- und Nachkriegszeit überstanden hat, dann überstehe ich auch meine Therapie.

Lange nichts geschrieben

Passenderweise hieß der letzte Post "Antriebslosigkeit". Diese hat mich eine Zeit lang auch davon abgehalten neue Posts zu schreiben. Als es dann wieder halbwegs ging, stand allerdings ein Umzug an. Auf meiner Imaginären Liste von Dingen, die ich während einer Interferon-Ribavirin-Therapie vermeiden würde rangiert "umziehen und Wohnung renovieren" irgendwo zwischen "Fallschirmspringen" und "Ausbildung zum Kampftaucher". Aber was soll's, meine Freundin hat endlich den lang-ersehnten ZVS-beschränkten Studienplatz bekommen. Da kann man nicht wählerisch sein und erstmal ablehnen.

Die neue Wohnung ist mittlerweile auch "fast fertig"(tm), nur der DSL-Anschluss fehlt noch. Mein Modem treibt mich noch zum Wahnsinn. Momentan ärgere ich mich mit 1und1 herum, da mir von deren Telefonberatung andere Leistungen geschildert wurden, als tatsächlich im Vertrag enthalten. Auf dieses Hin und Her gehe ich aber in einem anderen Post weiter ein, von denen ich hoffentlich nun wieder mehr schreiben werde.

16 August 2006

Antriebslosigkeit

Hier ist sie wohl nun: Die gefürchtete Antriebslosigkeit. Seit 3 Tagen versuche ich mich nun schon zum Arbeiten zu motivieren und schaffe es gerade mal Zähne zu putzen, zu duschen und ein paar kleinere Tätigkeiten zu verrichten. Gott sei dank vermittelt mir mein Körper ab und zu ein Hungergefühl. So stehe ich wenigstens mal vom Sofa auf um Essen zu machen. Noch bin ich aber weit davon entfernt mir Etwas gegen Depressionen verschreiben zu lassen. Stimmungsschwankungen kommen vor und können z.B. auch am Wetter liegen. Genug zu tun hätte ich schon: Meine Studienarbeit bedarf noch einer Überarbeitung und die Bewerbungen für eine Diplomarbeit in einem Unternehmen wollen geschrieben werden. Na ja, dank der Motivation des Blues Brothers Soundtracks reicht es zumindest für einen Blog-Eintrag.

Früher hatte ich auch schon ab und an ein paar Tage, an denen ich zu nichts Lust hatte. Gerade, wenn man einen Hiwi-Job mit freier Zeiteinteilung hat, passiert das relativ schnell. Bei einem geregelten Arbeits- und Tagesablauf steht man eher unter Druck rechtzeitig aufzustehen und zur Arbeit zu gehen. Nur diese Kombination aus zu-nichts-Lust-haben und einem Gefühl der Mattheit macht mir schon Sorgen. Der Therapiezeitraum ist natürlich bewusst auf das Ende meines Studiums gelegt, da ich dort genügend Freiräume habe um solche Nebenwirkungen abzufangen. Durch den guten Anfang der Therapie mit relativ wenigen Nebenwirkungen bin ich allerdings schon motiviert mein Studium zügig zu Ende zu bringen.

Wenn man wenigstens Fieber oder Grippesymptome hätte, könnte man ja alles auf die körperliche Unfähigkeit schieben. Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. Bei den mentalen Nebenwirkungen ist das nicht so leicht. Das Fleisch ist willig, aber der Geist ist schwach steht leider nicht in der Bibel. Außerdem fange ich ja nicht völlig ungeplant an irgendetwas zu arbeiten. Bisher war meine Einstellung immer, dass man alles erreichen kann, wenn man nur will. Mich selbst nun in der Rolle des Abhängers vorzufinden ist da eher befremdlich.

Ganz untätig war ich ja dann doch nicht. Nun gibt es endlich den zweiten Post. Immerhin ein erster Schritt und auch gar kein schlechtes Gefühl. Ich glaube, als Motivationsmaßnahme verschreibe ich mir selbst Sport. Bei einem gesenkten Hämoglobinspiegel ist das zwar eine schlechte Idee, aber zu hause rumsitzen ebenfalls.

20 Juli 2006

Aller Anfang ist schwer

Was schreibt man in seinen ersten Blog-Eintrag?
Ich glaube, ich erzähle einfach mal die Vorgeschichte zu diesem Blog: Im Oktober 2003 kam mir in den Sinn Blut zu spenden. Ich fuhr also zur nächsten Schule und ließ mir dort eine Blutprobe entnehmen. Diese sollte untersucht werden und mir daraufhin ein Spenderausweis zugeschickt werden. Statt des Spenderausweises kam allerdings ein etwas dickerer Brief. In diesem wurde mir mitgeteilt, dass in meiner Blutprobe das HCV gefunden wurde. Ich möge doch bitte dringend meinen Hausarzt aufsuchen und von weiteren Blutspenden absehen.

HCV war allerdings schon eine Erleichterung für mich. Beim ersten Überfliegen des Briefes - ich dachte ja, es handelte sich um ein belangloses Anschreiben für den Spenderausweis - hatte ich noch HIV gelesen. Mit HCV konnte ich zunächst gar nichts anfangen. Alles, was ich wusste war, dass es eben kein HIV war. Immerhin etwas. Trotzdem verriet der Tonfall es Briefes, dass es sich hier nicht um eine leichte Erkältung handeln konnte.

Man muss HCV nur bei Google oder bei Wikipedia eingeben um festzustellen, worum es sich so ungefähr handelt (Der Wikipedia Artikel ist viel besser als noch vor 3 Jahren). Bei dem Stichwort Leberentzündung dachte ich noch, es könne ein Irrtum vorliegen. Einige Jahre vorher hatte ich Pfeiffersches Drüsenfieber, vielleicht wurde die Erkrankung damit verwechselt. Im Nachhinein war dieser Gedankengang natürlich Unsinn. Schließlich ist das Hepatitis C Virus lange genug bekannt, so dass auch verlässliche Tests existieren. Ein erneuter Test bei einem Internisten ergab schließlich den gleichen Befund.

Nun stellt sich natürlich die Frage, wie ich mir das Virus eingefangen habe. Keine Tätowierungen, keine Blutsbrüderschaften als Kind, aber als Austauschschüler in Amerika mal einen Ohrring stechen lassen. Vielleicht wurde mir damals etwas mehr als nur ein Metallknopf ins Ohr gestochen. Leider lässt sich das HCV nicht so einfach aus dem Körper entfernen, wie ein einfacher Ohrring, von dem ich mich ein Jahr später wieder getrennt habe. Neben diesem möglichen Übertragungsweg gibt es aber noch einen zweiten: Als Frühgeborenes habe ich eine Blutkonserve erhalten. Damals war HCV noch nicht bekannt und somit das Blut nicht darauf getestet. Naja, immerhin kann ich die Ansteckung auf zwei Möglichkeiten beschränken, das ist für Hepatitis C ziemlich gut, denke ich.

Wenn sich nun herausstellt, dass man über 20 Jahre eine Leberentzündung gehabt haben könnte, dann stellt sich unweigerlich die Frage, ob die Leber überhaupt noch in Ordnung ist. Die Leberwerte waren alle im Normalbereich, zur Sicherheit wurde allerdings noch eine Leberpunktion in einer nahe gelegenen Uniklinik durchgeführt. Dort wurde ein kleines Stück Leber entnommen, aber nicht mit Zwiebel- und Apfelstückchen zubereitet, sondern auf mögliche Schädigungen untersucht. Alles in allem eine relativ harmlose Sache. Die Punktion ist nicht das Schlimme, sondern die zwei Stunden danach. Vom Blutabnehmen kennt man, dass man auf die Einstichstelle drückt, damit sich die Wunde besser schließt. Leider kann man schlecht mit dem Daumen auf die Leber drücken. Was tut man also? Man legt sich für die Dauer der eben erwähnten zwei Stunden mit der Punktionsstelle auf einen kleinen Sandsack. Wer nicht nachvollziehen kann, dass es spätestens nach einer Stunde sehr unangenehm ist, kann es ja zu hause mal ausprobieren. Sand auf ein Geschirrtuch geben, Tuch zuknoten und beim Lesen zwei Stunden mit der Rippe drauflegen. Aber nicht bewegen!

Genug von meiner Krankenhausgeschichte, ich bin schließlich noch nicht so alt, dass ich abendfüllend von meinen Krankheiten erzählen kann. Die Ergebnisse der Leberpunktion waren übrigens erfreulich: Keine Anzeichen auf eine Schädigung der Leber. Jetzt kam allerdings auch eine schwierige Entscheidung auf mich zu: Abwarten und hoffen, dass es bald vernünftige Medikamente gibt oder gleich mit einer Interferon-Ribavirin Kombinationstherapie behandeln? Die Hepatitis C verlief bei mir offensichtlich relativ harmlos, so dass ich mich zunächst dafür entschied abzuwarten. Die möglichen Nebenwirkungen der Kombitherapie erschienen mir damals zu hart. So tat sich bei mir erstmal nichts, außer, dass ich weitestgehend auf Alkohol verzichten musste. Wenigstens war so immer klar, wer abends nach dem Discobesuch nach hause fährt.

"Jetzt schreibt der sechs Absätze und ich weiß immer noch nicht, warum es das Blog nun gibt!", mag der geneigte Leser nun innerlich raunen. Ich komme nun auch zur Sache. Eine kleine Vorgeschichte war mir wichtig. An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bedanken, wer es bis hierher geschafft hat, den scheint meine Geschichte ja wirklich interessiert zu haben.

Es zogen also über drei Jahre ins Land und mein Studium näherte sich dem Ende. Von den erwarteten neuen, "besseren Medikamenten"™ war natürlich immer noch nichts zu hören. So stand ich vor der gleichen Entscheidung wie damals: Behandeln oder warten. Ein Blick auf mein zukünftiges Leben verriet, dass das Studienende vielleicht die einzige Auszeit wäre, die ich mir in den nächsten Jahren nehmen könnte. Ich hatte noch nicht mit meiner Diplomarbeit angefangen, so dass noch kein Zeitdruck bestand. Würde ich dieses Zeitfenster nun nicht nutzen, dann käme die Diplomarbeit, der Berufseinstieg und danach die Gründung einer Familie. Alles Phasen, wo man sich schlecht ein Jahr lang hängen lassen kann. Der nächste Mögliche Therapiezeitpunkt wäre also erst in sechs oder sieben Jahren.

Nun, man wird nicht jünger und ich bin der Überzeugung, dass man in jungen Jahren eine Therapie besser verkraften könnte als später. So entschied ich mich nun doch, eine Interferon-Ribavirin Therapie durchzuführen. Ich hatte mir Infomaterial und Packungsbeilagen im Umfang eines Quelle-Katalogs (Anm. Übertreibung) durchgelesen und war gespannt, was aus der großen Liste von Nebenwirkungen auf mich zukommen würde. Ein Blog, denke ich, ist ein guter Weg mit den möglichen Nebenwirkungen (v.a. Niedergeschlagenheit und Depression) fertig zu werden. Läuft es schlecht, dann kann ich durch das Schreiben damit fertig werden, läuft es gut, dann helfen meine Erfahrungen vielleicht Anderen.