In diesem, meinem, Rechner, vor dem ich nun sitze, steckt viel, viel Arbeit. Angefangen bei der sorgfältigen Auswahl der Komponenten, über die Geräuschdämmung bis hin zur Installation des Betriebssystems. Anstelle des High-End Prozessors habe ich das Geld lieber in eine Grafikkarte mit zwei DVI-Ausgängen, leise Festplatten und leise Gehäuselüfter investiert. Neben mir am Schreibtisch stand also ein PC, der eine ordentliche Rechenleistung flüsterleise bereitstellte und zudem noch auf Wunsch Musik, Videos oder Fernsehbilder per Fernbedienung abspielte. Alles in Allem war ich sehr zufrieden, nur der zweite Monitor fehlte noch.
Bei dem gestrigen Versuch, meine USB-Festplatte an den Rechner anzuschließen war es mit der IT-Idylle dann vorbei: Ich muss wohl mit dem USB-Stecker an beide USB-Buchsen gleichzeitig gekommen sein und damit einen Kurzschluss produziert haben. Auf jeden Fall wurde der Bildschirm schwarz, das CD-Rom drehte hoch und ich trat auf den Ausschalter der Mehrfachsteckdose. Nach einem kurzen Durchatmen schaltete ich die Steckdose wieder ein und drückte auf "AN"... Nichts passierte.
Ich bin nicht viel weiter belastbar in diesen Tagen. Die Aufgaben, die vor mir liegen reichen völlig aus. Ich verwalte mehrere Mietshäuser, führe den Rest eines Architekturbüros, muss ein Auto und ein Haus verkaufen und unzählig viele Abmeldungen, Anträge und Formulare ausfüllen. Ich will endlich meine Studienarbeit abgeben, bin selbstständiger IT-Dienstleister, habe einen Hiwi-Job an meiner Universität und muss mich in nächster Zeit um meine Diplomarbeit bewerben. Ein kaputter Rechner ist das letzte, was ich gebrauchen kann, zumal er für mich einen hohen emotionalen Stellenwert einnimmt und mein Arbeitsgerät ist. Nicht jeder schraubt um 01:00 Uhr noch seinen Rechner auf.
Diagnose:
Der Einschaltimpuls entsteht durch Verbindung zweier Kontakte auf dem Motherboard. Das Board gibt diesen dann an das Netzteil weiter. Selbst ein leeres Motherboard ohne weitere Komponenten kann ein Netzteil einschalten. Daher beschränkt sich der Schaden hoffentlich auf Einschaltknopf, Motherboard oder Netzteil. Prozessor, Speicherriegel oder Grafikkarte können bei einem Kurzschluss jedoch auch leicht kaputt gehen und das wird dann teuer.
- Einschaltknopf: Manuelles Kurzschließen der beiden Pins auf dem Board hilft auch nicht, also kann es der Einschaltknopf nicht alleine sein. Es war auch eher unwahrscheinlich, dass der Knopf irgendwie nicht funktionieren könnte.
- Motherboard: Sollte dieses kaputt sein, dann könnte es auch ein anderes Netzteil nicht einschalten. Also das alte Netzteil hervorgeholt, an das Board angeschlossen und die beiden Pins mit dem Schraubenzieher kurzgeschlossen. Gott sei Dank sprang es an. Das Board war also in Ordnung.
- Gegenprobe Netzteil: Altes Motherboard hervorgeholt, das kaputte Netzteil angeklemmt und versucht einzuschalten. Nichts passierte. q.e.d.
Nun kann ich also wieder mit meinem Rechner bloggen. Im Rückblick haben sich alle Komponenten gegen mich verschworen, die nicht von namhaften Herstellern kamen. Die Frontblende kam von Revoltec, das Netzteil von deren Tochterfirma BeQuiet. Nun werde ich wohl wieder auf höherwertige Komponenten setzen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass es keine Probleme mit der Hinterbliebenenversorgung gibt.
Ich weiß auch nicht, warum mir diese Geschichte so zu Herzen gegangen ist. Meine erste Reaktion war "auch das noch". Ich frage mich, was ich im Leben falsch gemacht habe, dass ich all das verdient habe. Im Vergleich ist mein Rechner nur eine Sache, ein Ding, Kram, Krempel, Plunder, Müll. Müll, den man halt repariert. Wenn mein Computer kaputt ist, dann tausche ich ein Teil aus und er läuft wieder. Selbst, wenn ich Hepatitis C mit dem schlechtesten Genotyp habe, nehme ich ein paar Pillen, gebe mir Spritzen und werde mit 50%iger Wahrscheinlichkeit wieder gesund.
Genau hier hören meine Möglichkeiten auf.
Ich will fluchen, schreien, Dinge durch die Gegend werfen, aber es ändert ja doch nichts. Und nun sitze ich hier mit meinem Kummer und tippe und tippe und tippe.